Nachdem die Vorschriften des Codice della Strada (Verkehrsordnung) zu in Italien verkehrenden Fahrzeugen mit Zulassung im Ausland, folglich also mit ausländischen Kennzeichen, durch das Urteil des EuGH vom 16.12.2021, C-274/20, als nicht EU-rechtskonform deklariert wurden, hat Italien diese durch das Gesetz Nr. 238 vom 23.12.2021 umfassend abgeändert.

Die bisherigen Vorschriften in Art. 93 Codice della Strada – wie durch die Salvini-Novelle von 2018 abgeändert – ließen für Fahrer mit Wohnsitz in Italien praktisch keinen Raum, ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen zu fahren, und wurden nun vollumfänglich gestrichen. Stattdessen wurde Art. 93-bis Codice della Strada neu eingeführt.

Die aktuelle Rechtslage, die seit 21.03.2022 gültig ist, stellt sich also nun wie folgt dar:

I. Grundsätzlich keine Besonderheiten gelten, wenn sich der im Ausland ansässige Eigentümer an Bord des Fahrzeugs befindet (Art. 93-bis Abs. 5 Buchst. e).

II. Personen mit Wohnsitz in Italien müssen ein in ihrem Eigentum stehendes Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen innerhalb von 3 Monaten ab Wohnsitznahme wie regulär gem. Art. 93, 94 Codice della Strada vorgesehen auf sich zulassen (Art. 93-bis Abs. 1).

III. Sofern das Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen von einer (natürlichen oder juristischen) Person gefahren wird, die nicht (ausländischer) Eigentümer ist, muss sich an Bord des Fahrzeugs ein vom Eigentümer unterzeichnetes Dokument mit „sicherem Datum“ („data certa“) befinden, aus dem der Titel (z.B. Leihe, Leasing, Nutzungsüberlassung etc.) und die Dauer der Verfügbarkeit des Fahrzeugs für den Fahrer ersichtlich sind (Art. 93-bis Abs. 2).

Unter „sicherem Datum“ („data certa“) ist ein rechtlich verbindlich auf einem Dokument angebrachtes und nicht vor- oder nachdatierbares Datum. Dies ist beispielsweise über die Anbringung einer digitalen Signatur („firma digitale“), Versendung des Textes per zertifizierter E-Mail („PEC“), Abstempelung durch einen Notar oder die Anbringung einer entsprechenden Stempelmarke mit Datum durch einen Onlinedienst möglich.

IV. Sobald jedoch eine Nutzungsdauer von insgesamt 30 (nicht zwingend zusammenhängenden) Tagen bezogen auf ein Kalenderjahr überschritten wird, hat der Nutzer das Fahrzeug im neu geschaffenen REVE („Pubblico Registro die Veicoli Esteri“) als speziellem Register des PRA (öffentliches Register für Fahrzeuge) zu registrieren (Art. 93-bis Abs. 2). Diesem Register sind auch die Beendigung oder Verlängerung der Nutzung und Änderungen zum Wohnsitz mitzuteilen. Aufgrund dieser Registrierung wird sodann eine im Fahrzeug mitzuführende Bescheinigung ausgestellt, die eine Identifikationsnummer und einen QR-Code zur Überprüfung der Daten enthält.

V. Die vorstehenden Regelungen gelten auch für Grenzpendler; diese müssen für eine entsprechende Registrierung des Fahrzeugs innerhalb von 60 Tagen nach dessen Anschaffung sorgen (Art. 93-bis Abs. 3). Zur Nutzung berechtigt sind dabei auch ihre Familienangehörigen.

VI. Ausnahmen von oben genannten Regeln gelten für in der Region Campione d’Italia ansässige Bürger, ziviles und militärisches Personal öffentlicher Behörden sowie für Streitmacht und Polizei mit Auslandsdienst sowie deren Familienangehörigen (Art. 93-bis Abs. 5).

VII. Die Absätze 7-9 des Art. 93-bis sehen Verwaltungsstrafen für Verstöße mit den folgenden Höhen vor:

a. Für den Eigentümer, der einen Verstoß zulässt: 400-1.600 €.

b. Für Verstöße gegen die Mitführungspflicht des vom Eigentümer unterzeichneten Dokuments (Abs. 2): 250-1.000 € sowie die verwaltungsmäßige Sperre des Fahrzeugs gem. Art. 214 Codice della Strada bis zum Nachweis des Dokuments oder alternativ bis zu 60 Tage. Sollte das Dokument nicht nachgereicht werden, fällt sodann zusätzlich die Verwaltungsstrafe gem. Art. 94 Abs. 3 in Höhe von 727-3.529 € an.

c. Für Verstöße gegen die Registrierungspflicht (Abs. 2): 712-3.558 € sowie der Einzug der Zulassungspapiere mit Aushändigung erst nach Erfüllung der Registrierungspflicht; sollte das Fahrzeug in der Zwischenzeit trotzdem weiter genutzt werden, kommt es zur Verwaltungsstrafe gem. Art. 216 Abs. 6 Codice della Strada.

Durch die Neuregelung ist es ab sofort also möglich, dass ein in Italien ansässiger Fahrer regulär ein geliehenes und in einem anderen EU-Mitgliedsstaat zugelassenes Auto fährt – auch für längere Zeit. Das bedeutet, dass für dieses Fahrzeug in Italien nicht die reguläre Steuer sowie Steuermarken („bollo“, „superbollo“) anfallen.

Wie uns durch den ACI, der für das PRA und somit auch das neue REVE zuständig ist, mitgeteilt wurde, ist das neu eingeführte REVE derzeit noch nicht aktiv. Als Übergangslösung werden daher entsprechende Zertifikate ausgestellt, die bis zur tatsächlichen Dienstaufnahme des REVE in Kürze bereits gültig sind. Die Registrierung kann sowohl bei den Geschäftsstellen des ACI als auch bei Automobilberatungen („consulenza automobilistica“) durchgeführt werden.

Mit dem Antrag vorgelegt werden müssen ein Vertrag oder Dokument, auf den sich der Besitz des Fahrzeugs begründet, die Daten des Nutzers, die vorgesehene Dauer der Nutzung, eine Kopie des ausländischen Zulassungsscheins sowie Ausweispapiere und Steuernummer des Antragstellers. Im Fall einer Beantragung beim PRA ist die vorherige Zahlung in Höhe von 43,00 € (27,00 € Gebühr des ACI, 16,00 € Steuermarke) über die Webseite des ACI und die Plattform PagoPA vorzunehmen („Pagamento formalità PRA presso UMC“) und bei Antragstellung hierüber die entsprechende Zahlungsbestätigung vorzulegen.

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